Mit rund 370 Milliarden Dollar will Präsident Joe Biden die USA zu einer „grünen“ Volkswirtschaft umbauen. Jetzt legt EU nach. Für Anleger ergeben sich daraus interessante Investmentchancen.

Der Name ist eigentlich etwas irreführend: Beim Inflation Reduction Act, kurz IRA genannt, der USA handelt es sich weniger um ein Gesetz zur Reduzierung der Inflation. Vielmehr geht es darum, die amerikanische Wirtschaft zu dekarbonisieren und die Industrie zurück in die USA zu holen. Das Subventionspaket umfasst rund 370 Milliarden US-Dollar.

Jetzt legt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen ähnlichen Plan auf den Tisch. Goldman Sachs nennt das Vorhaben Europe-IRA. Der Green Deal Industrial Plan umfasst ein Volumen von rund 380 Milliarden Euro, also umgerechnet gut 400 Milliarden Dollar.

Der grüne Industrieplan soll vor allem die CO2-neutrale Industriebereiche stärken und den Übergang Europas zur Klimaneutralität unterstützen. Dazu meinte von der Leyen: „Europa ist entschlossen, die Revolution im Bereich der sauberen Technologien anzuführen.“

Solides Fundament
Der Industrieplan Europas basiert auf vier Säulen. So soll erstens ein günstiges Regulierungsumfeld für die Netto-Null-Industrie geschaffen werden. Außerdem sollen Unternehmen einen schnelleren Zugang zu Finanzmitteln bekommen. Drittens geht es um die Qualifizierung von Arbeitskräften mit den benötigten Kompetenzen. Die vierte Säule besteht aus offenen Handelsbeziehungen für stabile Lieferketten.

Beispielsweise will Brüssel bis 2025 das Beihilferecht lockern. Dadurch sollen die einzelnen Staaten nachhaltige Technologien gezielt fördern können. Das Beihilferecht war bereits während der Corona-Pandemie gelockert worden. Dieser Schritt ist jedoch nicht unumstritten und kann auch als Marktverzerrung angesehen werden. Länder wie die Niederlande oder Deutschland verfügen über mehr finanziellen Spielraum, Unternehmen zu unterstützen, als beispielsweise Italien.

Außerdem sollen die Genehmigungsverfahren vereinfacht und damit beschleunigt werden. Künftig soll das One-Stop-Shop-Konzept gelten. Das bedeutet, dass nur eine Stelle für die Genehmigung eines Projektes zuständig ist. Derzeit gibt es noch mehrstufige Verfahren, an denen mehrere Behörden beteiligt sind. Außerdem soll es Fristen für Genehmigungen geben.

Der grüne Industrieplan umfasst die bereits genannten 380 Milliarden Euro. Dabei handelt es sich allerdings im Gegensatz zum amerikanischen IRA nicht um neue Subventionstöpfe, sondern um Geld, das aus anderen Quellen umgeleitet beziehungsweise umgelabelt werden soll. Erst im Sommer will die EU darüber entscheiden, ob es auch zusätzliche Mittel gibt.

Beim größten Topf mit 250 Milliarden Euro handelt es sich um den Corona-Wiederaufbaufonds, der den grünen Umbau der Wirtschaft unterstützen soll. Konkret geht es um die Senkung des Energieverbrauchs, die Erzeugung sauberer Energie und die Diversifizierung der europäischen Energieversorgung. Die EU-Kommission schätzt, dass allein in den Bereichen Solar, Wind, Batterien, Wärmepumpen und Wasserstoff in den kommenden Jahren Investitionen von 170 Milliarden notwendig sein werden. Dazu kommen noch die Kosten für den Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur.

Mehr als Konter gegen USA

Der grüne Industrieplan ist durchaus als Antwort auf den IRA der USA zu verstehen. Denn die Amerikaner wollen damit nicht nur ihre Volkswirtschaft grün umbauen, sondern auch Ansiedlungen der Industrie in den USA subventionieren, was vor allem heimischen Unternehmen zugutekommt. Doch versuchen sowohl die USA als auch die EU in vielen Bereichen – zum Beispiel bei Elektroautos – einen Konsens zu erzielen. Der EU-Kommission geht es ganz offenbar auch darum, die Abhängigkeit von China zu reduzieren. Das ist auch dringend notwendig.

Denn die Abhängigkeit ist gerade in den Bereichen, die für eine CO2-Reduktion der Wirtschaft entscheidend sind, eklatant. Bei Solarzellen, Windrädern oder den Batteriematerialien Lithiumkarbonat und -hydroxid oder sogenannten Seltenen Erden kommt die Volksrepublik auf Marktanteile von teilweise deutlich mehr als 50 Prozent. Wie negativ sich so eine Beziehung mit einem autoritär regierten Land gestalten kann, hat jüngst die Abhängigkeit von Europa bei Öl und vor allem Gas aus Russland deutlich gezeigt.

Für Anleger eröffnen sich sowohl durch den amerikanischen, aber auch durch den europäischen IRA attraktive Anlagechancen. Interessant sind im Prinzip alle Bereiche, die auf Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und -speicherung, grünen Wasserstoff und nachhaltige Dienstleistungen einzahlen.

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