In den vergangenen Jahren herrschte im Anleihebereich ohne Inkaufnahme von hohen Kredit- oder Laufzeitenrisiken ziemliche Flaute. Nach der Zinswende der grossen Zentralbanken in 2022 sieht es nun wieder spannender aus. Lohnt sich das Eingehen von Kreditrisiken im aktuellen schwierigen geopolitischen und wirtschaftlichen Umfeld?

26. Januar 2023

Die Inflation bildet sich in der Eurozone offenbar langsam zurück. Im Dezember lag die Teuerungsrate im Jahresvergleich bei 9,2 Prozent, gemäss Statistikamt Eurostat. Damit ist die Inflation den zweiten Monat in Folge gesunken. Im Oktober hatte die Geldentwertung noch 10,6 Prozent betragen.

Trotz des jüngsten Rückgangs ist die Inflationsrate aber noch deutlich vom Zielwert der EZB von rund zwei Prozent entfernt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Gefahr einer Lohn-/Preisspirale noch nicht ganz gebannt ist. Die EZB erwartet, dass die Teuerung in der Eurozone 2023 bei durchschnittlich 6,3 Prozent liegt. Im Schlussquartal könnte die Inflationsrate nach diesen Schätzungen auf 3,6 Prozent sinken, aber noch deutlich über dem Zwei-Prozent-Ziel verharren.

Nachdem die EZB den Einlagenzinssatz von -0,5 auf 2 Prozent im Jahr 2022 und dann im Februar 2023 nochmals um 0,5 Prozentpunkte erhöht hat, bleiben die Realzinsen negativ, was das seit der Finanzkrise 2008 bestehende Umfeld des billigen Geldes weiter unterstützt. Vor diesem Hintergrund hat EZB-Chefin Christine Lagarde bereits angekündigt, die Notenbank müsse „entsprechende Massnahmen“ ergreifen. “In jedem Fall werden die Leitzinsbeschlüsse des EZB-Rats auch in Zukunft von der Datenlage abhängen und von Sitzung zu Sitzung festgelegt”, hiess es. Die Risiken für den Inflationsausblick sind in 2023 laut EZB nun etwas ausgeglichener geworden. Allerdings könnte ein stärker als erwartet ausfallender Wirtschaftsaufschwung in China den Rohstoffpreisen und der Auslandsnachfrage neuen Auftrieb geben, erklärte EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Europäische Staatsanleihen dürften weiter profitieren, wenn die Angst einer Rezession steigt und sich der Abwärtsdruck auf die Inflation verstärkt.

Zweijährige Staatsanleihen rentieren seit 2022 wieder positiv

Grafik: Arete Ethik Invest AG, Quelle Bloomberg

Besser als Staatsanleihen
Der „Konkurrenzdruck“ der Staatsanleihen im Vergleich zu Unternehmensanleihen hat zwar jüngst zugenommen, da sie nun relativ hohe Renditen bei niedrigerem Risikoprofil bieten. Es besteht jedoch die Möglichkeit, mit ausgesuchten Unternehmensanleihen in den nächsten zwei bis drei Jahren eine jährliche Rendite in Euro von mehr als 3,5 % zu erzielen. Zwar werden diese 3+X Prozent voraussichtlich nicht vollständig vor den Auswirkungen der Inflation schützen. Sie sind jedoch deutlich attraktiver als die Mini- oder sogar Negativ-Zinsen der vergangenen Jahre. Ausserdem bieten sie die Chance auf einen zumindest nominellen Kapitalerhalt. Dagegen scheinen die Bewertungen der Aktienmärkte angesichts der wirtschaftlichen Aussichten noch nicht ganz angemessen.

Deutlich höhere Renditen als Staatsanleihen bieten beispielsweise die Schuldverschreibungen von ISS, des dänischen Spezialisten für Sicherheits-, Reinigungs- und Bürodienstleistungen, oder von Norsk Hydro, dem Aluminiumproduzenten aus Norwegen sowie des französischen Autozulieferers Valeo. Da diese Unternehmen über nachhaltige und solide Geschäftsmodelle und Bilanzen verfügen, kann die Rückzahlungswahrscheinlichkeit ihrer Schulden in den nächsten Jahren als hoch eingestuft werden.

"Aus Risiko-Rendite-Gesichtspunkten bieten sich kurz- bis mittelfristig laufende qualitative Corporate Bonds mit ethisch-nachhaltigen Geschäftsmodellen und soliden Bilanzen an. So können auch zeitweilige Spreadausweitungen mit gutem Gewissen überstanden werden“.

[Matthew Stone, Portfolio-Manager]

In der Schweiz zeigt sich eine ähnliche Entwicklung. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat die Leitzinsen im Dezember auf ein Prozent erhöht. Nur zwölf Monate zuvor waren die Zinssätze und Anleiherenditen noch negativ. Es sieht sehr danach aus, dass auch in der Schweiz die Inflation zwar sinken, aber immer noch hoch bleiben wird. Nach den Prognosen der SNB wird die Inflation im laufenden Jahr durchschnittlich 2,4 Prozent betragen und damit über dem Zielwert von zwei Prozent liegen. Dies deutet in den kommenden Monaten auch auf höhere Zinssätze hin.

Weitere Zinsschritte der SNB
Die Leitzinsen könnten in der Schweiz bis Mitte 2023 auf 1,5 Prozent steigen. Zwar sind die konjunkturellen Aussichten auch in der Schweiz nicht gerade rosig, einige Unternehmensanleihen bieten jedoch in Schweizer Franken Renditen von mehr als zwei Prozent. Zum Vergleich: Zweijährige Kassenobligationen der Post werfen derzeit gerade einmal 0,75 Prozent ab.

Schweizer Mid-Cap-Unternehmen wie der Schweizer Spezialist für Bankensoftware Temenos, DormaKaba, ein Hersteller von Sicherheitssystemen, Schlössern, Türen und Fenstern, sowie Hirslanden, der Betreiber von Spitälern und Kliniken, bieten attraktive Anleihen mit Laufzeiten zwischen 2024 und Anfang 2026.

Zeichnet sich doch eine schnellere Wende des Zinserhöhungszyklus ab?

Grafik: Arete Ethik Invest AG, Quelle Bloomberg

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